Die Vaskulitis bei Hunden

Bei Vaskulitiden des Hundes handelt es sich um eine Reihe von entzündlich-rheumatische Erkrankungen. Hier ist das Immunsystem gegen die Blutgefässe des Körpers gerichtet. Betroffen sind vor allem die kleinen Blutgefäße wie Arteriolen, Venolen und Kapillaren.  Das Ergebnis der Erkrankung können Durchblutungsstörungen sein, die je nach betroffenen Gefäßen unterschiedliche Krankheitserscheinungen bzw. anatomische Ausprägung zeigen können.

Bei diesen Vaskulitiden kann es sich um primäre Erkrankungen handeln, die möglicherweise durch Autoantikörper gegen Zellen der inneren Gefäßwände gerichtet sind. Auch Antikörper, die gegen die sogenannten Neutrophilen Granulozyten, ein Teil der weißen Blutzellen, gerichtet sind (ANCA). Viele auslösende Faktoren, die zu einer sekundären Vaskulitis führen, wurden inzwischen gefunden: So ist die Vaskulitis beispielsweise oft eine Folge durch Bakterien, Pilze Protozoen oder Viren verursachter Infektionen. Sie ist auch ein Erkrankungshinweis bei Rickettsieninfektionen und der Bartonellose. Darüber hinaus muss bei durch Zecken übertragenen Infektionen wie Leishmaniose, Anaplasmose oder Babesiose an eine Vaskulitis gedacht werden.

 Aber auch Virusinfektionen bei Katzen durch das Feline Immundefizienz-Virus und das Feline Coronavirus können mit dem Erkrankungsbild einer sekundären Vaskulitis in Verbindung gebracht werden. In einigen dieser Fälle durchdringen die Infektionserreger die Blutgefäßwände. Wenn das Tier eine angeborene Immunreaktion auslöst, kann die daraus resultierende Entzündung zu einer lokalen Thrombose oder Blutung führen.

Auch lokal begrenzte Infektionen oder sogar Blutvergiftungen können eine generalisierte Vaskulitis auslösen. Sie kann mit einer zugrundeliegenden Nahrungsmittelallergie, einer Arzneimittelreaktion oder einer Stoffwechselerkrankung wie Diabetes mellitus einhergehen. Eine besondere Form kann auch bei Hunden mit der Kälteagglutinin-Krankheit auftreten. Die paraneoplastische Vaskulitis tritt auch sekundär zu malignen Erkrankungen auf. Sie kann sich entwickeln, bevor der Krebs selbst klinisch sichtbar wird.

Allgemeine Merkmale der Vaskulitis

Eine Vaskulitis kann bei jeder Hunderasse, auch bei Mischlingen natürlich, auftreten. Bestimmte Rassen, darunter Dackel, Rottweiler, Collies, Shelties und Jack Russell Terrier, scheinen jedoch prädisponiert zu sein. Eine sogenannte impfstoff-induzierte Vaskulitis tritt vor allem bei kleinen Hunderassen auf.

Bei akuter Vaskulitis der Haut sind häufig die exponierten Körperteile betroffen. Dazu gehören die Gliedmassen, aber auch Ohrmuscheln, Nase und Ohren, Schwanzspitze und Hodensack. Dies liegt daran, dass diese anatomischen Strukturen in der Regel eine eingeschränkte gegenläufige Durchblutung aufweisen. Andere betroffene Stellen einer primären Vaskulitis können die Mundhöhle und die Schleimhäute sein. Als Folge der lokalen Gewebeischämie zeigen sich typische Symptome: Erytheme, Ekchymosen, Purpura, hämorrhagische Bullae, Nekrosen und anschließende Ulzerationen mit Exsudation und Krustenbildung. Das Erythem und die Purpura sind auf den Austritt von Erythrozyten in das Gewebe zurückzuführen (dies ähnelt einem Bluterguss). Die Vaskulitis der Unterhaut ist dagegen weniger offensichtlich und zeigt sich als tastbare, feste knotige Läsionen und Schwellungen. Einige betroffene Hunde können erhebliche Schmerzen zeigen.

Die systemische Vaskulitis zeigt Anzeichen, die von den betroffenen Organsystemen und dem Grad der Gewebsnekrose abhängen. Dazu gehören Depression, Fieber, Lethargie, Appetitlosigkeit, generalisierte Muskel- und Gelenkschmerzen. Auch eine Lymphadenopathie kann gefunden werden. Hunde können Ödeme an den Extremitäten aufweisen. Ein schwerer Verlauf der Vaskulitis kann zu intravaskulärer Gerinnung und Schock führen. Eine chronische Vaskulitis kann sich langsam entwickeln und zu einer geringgradigen Ischämie, fleckiger Alopezie, Schuppung, Erythem und Hyperpigmentierung führen. Auch diese Erscheinungen entwickeln sich in der Regel an Stellen mit eingeschränkter kollateraler Durchblutung. Bei einigen Tieren können gleichzeitig Polyarthropathie, Myopathie und Neuropathie auftreten.

Es wird angenommen, dass die meisten Fälle von Vaskulitis das Ergebnis einer Typ-III-Überempfindlichkeitsreaktion auf Immunkomplexe sind. Diese lagern  sich in kleinen oder mittelgroßen Blutgefäßwänden ab. Die anschließende Komplementaktivierung führt zu einem Zustrom neutrophiler Granulozyten, die gewebeabbauende Enzyme und Oxidantien freisetzen. In einigen Fällen kann eine durch zytotoxische T-Zellen vermittelte Überempfindlichkeitsreaktion vom Typ IV eine ähnliche Wirkung haben.

Neben sekundären Veränderungen in den umliegenden Geweben als Folge des unzureichenden Blutflusses und der daraus resultierende Sauerstoffmangel entwickelt sich eine akute Entzündung innerhalb der Gefäßwände. Je nach Schweregrad der Vaskulitis sind diese Wände verdickt und ödematös. Es können sich Bereiche mit Hyalinisierung und Nekrose entwickeln. Auch die Endothelzellen werden geschädigt, was zu Schwellungen, Blutungen und Nekrosen führt. Die Gefäßwände sind mit Entzündungszellen infiltriert. Wenn viele dieser Zellen entartete Neutrophile sind (Leukozytoklasie) und sich um die Blutgefäße herum Trümmer ansammeln (Kernstaub), ist dies ein pathognomonisches Zeichen für die leukozytoklastische Form der Krankheit. Dies ist die bei Hunden am häufigsten beobachtete Form. Während eine neutrophile Infiltration am häufigsten vorkommt, gibt es Variationen im Zellstatus und in der Zusammensetzung des zellulären Infiltrats. So neigen bei der lymphozytären Vaskulitis Manschetten von CD8+ T-Zellen dazu, kleine Arteriolen zu umgeben. Es sollte auch darauf hingewiesen werden, dass die Zusammensetzung des zellulären Infiltrats im Laufe der Zeit variieren kann. Eine granulomatöse Vaskulitis spiegelt wahrscheinlich ein subakutes oder chronisches Stadium der neutrophilen Reaktion wider.

Zu den begleitenden pathologischen Befunden können Anämie, Thrombozytopenie, Lymphopenie, eine neutrophile Linksverschiebung und häufig mäßig erhöhte Leberenzyme gehören. Wenn die Vaskulitis immunvermittelt ist, können außerdem Immunkomplexe im Blut vorhanden sein. Die Plasmaanalyse kann eine Hypergammaglobulinämie und reduzierte Komplementspiegel zeigen.

Leukozytoklastische Vaskulitis der Hunde

Die sogenannte leukozytoklastische Vaskulitis ist eine nekrotisierende Entzündungsreaktion, die die Wände der kleinen Blutgefäße befällt. Sowohl kutane als auch systemische Formen treten als Folge einer gestörten Funktion der kleinen Blutgefäße auf. Man nimmt an, dass sie auf eine Überempfindlichkeitsreaktion vom Typ III zurückzuführen ist, die durch Immunkomplexe vermittelt wird, die sich in oder an den Blutgefäßwänden ablagern. Hier interagieren sie mit Blutplättchen und neutrophilen Granulozyten. Die daraus resultierende Entzündung und Thrombusbildung kann zu Ödemen, Blutungen und Immunthrombosen führen.

Es wurden zahlreiche Auslöser einer leukozytoklastischen Vaskulitis identifiziert. Eine sorgfältige Anamnese, einschließlich der zuletzt vorgenommenen medikamentösen Behandlungen, ist erforderlich, um den Auslöser der Erkrankung zu ermitteln. Die häufigste Ursache dieser Vaskulitiden bei Kleintieren ist eine Überempfindlichkeitsreaktion vom Typ III. Leider können aber die auslösenden Antigene schwer zu identifizieren sein. Dies bedingt, dass mehr als die Hälfte der Vaskulitiden bei Hunden idiopathisch sind.

Klinische Erkrankungsbild der Leukozytoklastischen Vaskulitis der Hunde

Hunde, die an Vaskulitis leiden, zeigen Appetitlosigkeit, Depression, Unwohlsein und Fieber. An den Ohrmuscheln, der Mundschleimhaut und den Lefzen können sich Geschwüre bilden. Die Haut an den Extremitäten, einschließlich der Ohrmuscheln, Füße und Sprunggelenke, ist dabei am häufigsten betroffen. Die Läsionen können sich an der Ohrspitze entwickeln. Im Weiteren breiten sie sich dann über die konkave Oberfläche der Ohrmuscheln aus. Die befallene Haut kann insbesondere in der Anfangsphase der Erkrankung sehr schmerzhaft sein. Erkrankte Hunde können nekrotische Geschwüre, Blasenbildung und Ödeme zeigen. Darüber hinaus werden eine Polyarthropathie (Veränderungen an verschiedenen Gelenken), Myopathie, Appetitlosigkeit, intermittierendes Fieber und Lethargie beobachtet.

Die Läsionen können sich im Laufe der Zeit entwickeln, so dass sich einige Tage nach dem ersten Auftreten der Läsionen Geschwüre bilden können. Bei ausgedehnten Nekrosen und Ulzerationen können sekundäre bakterielle und Pilzinfektionen in die rohen, geschädigten Hautbereiche eindringen. Unbehandelte Geschwüre an den Fiedern können zu Verformungen und Einkerbungen des Fiederrandes führen. Zu den epidermalen Läsionen gehören Exsudation, Krustenbildung und Ulzeration. Viele Tiere entwickeln purpurne Plaques und Blutungen, aber auch Papeln und Ödeme. Die purpurnen Läsionen verdunkeln sich mit der Zeit. Die Vaskulitis geht häufig mit Anämie, Thrombozytopenie oder Neutropenie sowie mit einer proteinverlustigen Nephropathie und muskuloskelettalen Läsionen einher. Eine Vaskulitis-assoziierte disseminierte intravasale Gerinnung kann die Thrombozytopenie verursachen.

Diagnose und Behandlung der Leukozytoklastischen Vaskulitis der Hunde

Eine histologische Untersuchung von Hautbiopsien ist erforderlich, um das Vorliegen einer Vaskulitis festzustellen. Die Schädigung kleiner und mittelgroßer Blutgefäße führt zu Blutungsneigung und Ödembildung. Die neutrophile Vaskulitis ist in der Regel leukozytoklastisch. Hier zeigt sich also eine Zerstörung der Blutgefässe durch weisse Blutkörperchen.

Sobald eine Vaskulitis diagnostiziert ist, muss die Ursache ermittelt werden. Zu den zugrundeliegenden Ursachen einer Vaskulitis der Hunde können

  • Arzneimittelallergien,
  • Insekten- und Zeckenbisse,
  • Infektionen,
  • unerwünschte Nahrungsmittelreaktionen und
  • einige Autoimmunkrankheiten                       gehören.

Bei der Überprüfung der Krankengeschichte des Tieres sollte darauf geachtet werden, dass alle verabreichten Medikamente und Impfstoffe sowie die Ernährung und alle Nahrungsergänzungsmittel erfasst werden. Besteht der Verdacht auf eine infektiöse Ursache, ist die Anfertigung von Blutkulturen erforderlich.

Der erste Schritt der Behandlung besteht darin, den Kontakt mit dem auslösenden Medikament oder Antigen zu vermeiden, sofern dies überhaupt möglich ist. Sobald die Diagnose einer Vaskulitis durch die Histologie bestätigt ist, sollten Behandlung und Nachsorge auf das jeweilige Tier zugeschnitten werden. Im Allgemeinen sollten die Patienten eine Glukokortikoidtherapie oder Cyclosporin erhalten. Um eine Remission herbeizuführen, sind immunsuppressive Dosen erforderlich, und Rückfälle sind nicht ungewöhnlich. Die Immunsuppression mit Kortikosteroiden in Verbindung mit Cyclophosphamid hat bei der Behandlung der Hypersensitivitätsvaskulitis bei Hunden zu ermutigenden Ergebnissen geführt. Pentoxifyllin, ein Phosphodiesterase-Hemmer, ist ebenfalls wirksam bei der Behandlung der kutanen Vaskulitis. Er hat entzündungshemmende Wirkungen und verringert das Anhaften von Neutrophilen am Gefäßendothel. Bei Hunden scheint eine kombinierte Behandlung mit Glucocorticoiden und Pentoxifyllin die besten Ergebnisse zu erzielen. Pentoxifyllin wirkt jedoch nur langsam, und es ist Geduld erforderlich.

Eine immunologische Behandlung kann für Verminderung der suppressiv notwendigen Medikamentierung sorgen.

Impfstoff-induzierte Vaskulopathie bei Hunden und Katzen

In seltenen Fällen entwickelt sich nach einer Tollwutimpfung bei Hunden und Katzen an der Injektionsstelle eine lymphoplasmazytische Vaskulitis. Sie führt zur Entwicklung einer ischämischen Dermatitis. Das virale Antigen kann in den Wänden der kutanen Blutgefäße an der Injektionsstelle nachgewiesen werden. Es kann auch im Epithel der nahe gelegenen Haarfollikel nachgewiesen werden.

Diese Reaktion auf Impfstoffe wird am häufigsten bei kleinen Hunderassen wie Toy- oder Miniaturpudeln, Shih Tzu, Shelties, Lhasa Apsos, Bichons Frises sowie Yorkshire und Silky Terriern diagnostiziert. Bei Hunden großer Rassen wird sie nur selten beobachtet. Es gibt keine offensichtlichen Alters- oder Geschlechtsbindung bei der Erkrankung. Die Läsion entwickelt sich zwischen 1 und 4 Monaten nach der Impfung. Sie entwickelt sich in der Regel langsam als ein Bereich mit Alopezie und unregelmäßigen Rändern. Die Stelle wird schließlich schuppig, verhärtet und pigmentiert, aber die sichtbare Entzündung ist minimal. Kleinere Läsionen können sich in der Nähe der Erstveränderung entwickeln. In schweren Fällen kann es zu Erosionen und Ulzerationen der Haut kommen. Eine Untergruppe dieser Hunde kann im weiteren Verlauf eine generalisierte impfstoffinduzierte ischämische Dermatopathie entwickeln. Diese Hunde haben jedoch in der Regel eine fokale Läsion an der Injektionsstelle. Die lokale Muskelatrophie kann erheblich sein. Die Hunde können auch systemische Anzeichen wie Lethargie, Depression und Fieber zeigen. Das Nachwachsen der Haare kann bis zu einem Jahr dauern und mit Veränderungen der Hautpigmentierung, und damit deutlich sichtbarer Veränderung der Haarfarbe, einhergehen. Ähnliche Reaktionen wurden auch als Reaktion auf eine Leptospirose-Impfung beobachtet.

Die Läsion sollte durch eine Biopsie-Entnahme untersucht werden. Die Histopathologie zeigt Anzeichen einer langfristigen Desoxygenierung, einschließlich Hautblässe, Einschmelzung und ausgeprägter Atrophie der Haarfollikel in der oberflächlichen Haut. Weiter finden sich um die Blutgefässe sichtbare Ansammlungen von Lymphozyten, Monozyten und gelegentlich Plasmazellen in den tieferen Hautschichten. Es kann Anzeichen für eine Vaskulitis und einige sichtbare Blutungen geben. Auch eine sekundäre dermalen und epidermalen Blasenbildung kann auftreten.

Die Behandlung besteht aus einer geeigneten entzündungshemmenden und immunsuppressiven Therapie. Die Verabreichung von Prednisolon, ergänzt durch Pentoxifyllin, hat sich als wirksam erwiesen. Topische Glukokortikoide können ebenfalls nützlich sein. Impfungen sollten bei betroffenen Tieren genau überlegt werden.

Medikamenteninduzierte Vaskulitis bei Hunden und Katzen

Unerwünschte Reaktionen auf bestimmte Arzneimittel können eine immunvermittelte Vaskulitis auslösen. Eine neutrophile Vaskulitis kann sich entwickeln, wenn ein Arzneimittel Antikörper induziert und große Mengen an Immunkomplexen erzeugt. Diese Komplexe lagern sich häufig in den Gefäßwänden der Haut ab. Die Immunkomplexe können Antigene enthalten, die aus dem Ausgangsarzneimittel oder dessen Metaboliten stammen und von Wirtsantikörpern gebunden werden. Die daraus resultierende Vaskulitis kann in ihrem Schweregrad von leicht bis lebensbedrohlich reichen.

Häufig lässt sich ein zeitlicher Zusammenhang mit der Verabreichung von Arzneimitteln feststellen, obwohl es schwierig sein kann, zu bestimmen, welches spezifische Arzneimittel die Ursache ist. Dies gilt naturgemäss bei der gleichzeitigen Gabe mehrerer Medikamente. Zu den drei häufig verwendeten Medikamenten, die bekanntermaßen eine kutane Vaskulitis bei Hunden und Katzen auslösen können, gehören Itraconazol, Fenbendazol und Meloxicam. Bei Hunden mit Sulfonamid-Allergie wurden antineutrophile Antikörper nachgewiesen. Fixe Arzneimitteleruptionen sind umschriebene erythematöse Läsionen, die sich zu einem lokalen Ödem entwickeln, das sich schließlich zu Blasen auswächst, die dann ulzerieren können.

Quelle: Tizard IR (2023) Canine Vasculitis in: Autoimmune Diseases in Domestic Animals, Elsevier, St. Louis, MI, 231 – 235

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