Das plötzliche erworbene Netzhautdegenerationssyndrom (SARDS) tritt ohne erkennbare Ursachebei Hunden auf. Dackel, Zwergschnauzer, Mops und Epagneul Breton scheinen am häufigsten von der Erkrankung betroffen zu sein. Dabei sind kastrierte Hündinnen im Krankengut überrepräsentiert. Die Krankheit ist durch eine plötzliche irreversible Erblindung gekennzeichnet, die sich innerhalb weniger Tage entwickelt. Sie entsteht durch ein Absterben der Photorezeptoren der Netzhaut.
Elektroretinogramm bringt die Bestätigung
Eine im Elektroretinogramm nachgewiesene Nichtstimulationsmöglichkeit bestätigt diesen Verlust der Photorezeptorenaktivität. Anfangs scheinen die Tiere einen normalen Augenhintergrund und weitgestellte Pupillen zu haben, die langsam auf weißes Licht, auf blaues Licht, aber nicht auf rotes Licht reagieren. In den Monaten nach dem Verlust des Sehvermögens beginnt die Netzhaut jedoch Stück für Stück zu degenerieren.
Die Pathogenese von SARDS ist unbekannt. Viele der klinischen Anzeichen deuten auf Hyperadrenokortizismus – also eine Cushingerkrankung – als auslösenden Faktor hin, da die betroffenen Tiere Polydipsie, Polyphagie, Fettleibigkeit und eine Leberverädnerung aufweisen können. Alternativ wurde vorgeschlagen, dass es sich bei SARDS um eine Autoimmunerkrankung handelt, da sie einigen autoimmunen Retinopathien beim Menschen ähnelt. Es wurde behauptet, dass die Krankheit durch eine immunsuppressive Therapie teilweise rückgängig gemacht werden kann. Einige Hunde bilden Autoantikörper gegen Netzhautbestandteile.
Autoimmunretinopathien beim Menschen sind ebenfalls mit plötzlichem Sehverlust verbunden. Bei einigen handelt es sich um primäre Autoimmunkrankheiten, während andere paraneoplastisch sind und mit Krebserkrankungen wie Melanomen einhergehen.
Nachweis von Autoantikörpern bei SARDS
Autoantikörper, die gegen Netzhaut- Antigene gerichtet sind, wurden sowohl bei an SARDS erkrankten Hunden als auch bei Menschen nachgewiesen. Die wichtigsten Antikörper bei Hunden sind diejenigen, die gegen eine neuronenspezifische Enolase gerichtet sind. Diese Autoantikörper wurden bei etwa 25 % der an SARDS erkrankten Hunde gefunden, nicht aber bei normalen Hunden.
Wichtig ist die Tatsache, dass diese Autoantikörper eine Folge und nicht eine Ursache der Netzhautschäden sind. Es wurde berichtet, dass eine Langzeitbehandlung mit hohen Dosen systemischer Steroide und anderer immunmodulatorischer Medikamente vorteilhaft ist. Diese Behandlungserfolge sind schwierig nachzuweisen. Eine Variante der immunvermittelten Retinitis, die bei Hunden auftritt, ist mit SARDS verwandt, zeigt aber einen allmählicheren Beginn der Erblindung, die sich über Monate oder Jahre entwickelt. Auch sie ähnelt einigen der menschlichen Retinopathien. In diesen Fällen sprechen die betroffenen Tiere jedoch in der Regel rasch auf eine Kortikosteroidbehandlung an. Eine immunologische Behandlung sollte geprüft werden.
Quelle: Tizard IR (2023): Sudden Acquired Retinal Degeneration Syndrome in: Autoimmune Diseases in Domestic Animals, Elsevier, St. Louis, MI, 103/104