Antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA) sind ein Merkmal vieler Entzündungs- und Autoimmunerkrankungen, insbesondere verschiedener Formen von Vaskulitis, also Blutgefäßentzündungen. Ihr Beitrag zur Krankheitspathogenese ist unklar, da sie an verschiedenen Entzündungszuständen beteiligt sind.
Antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA) richten sich gegen mehrere granuläre und perinukleäre Antigene in neutrophilen Granulozyten sowie in Monozyten. Neutrophile Granulozyten sind voll von Granula, die reich an Enzymen sind, die zur Abtötung eindringender Mikroorganismen benötigt werden. Ein wichtiges Antigen, PR3, ist eine Serinprotease, die bei der Abtötung von Mikroorganismen und dem Abbau der extrazellulären Matrix eine Rolle spielt. Ein Teil von PR3 ist auch membrangebunden. Sein Blutspiegel ist bei granulomatösen Erkrankungen erhöht. Ein zweites wichtiges Antigen, MPO, ist für die oxidative Abtötung von Mikroben erforderlich, da es beim Atmungsstoß Hypochlorid erzeugt. Sowohl PR3 als auch MPO werden in entzündeten Geweben von aktivierten und apoptotischen (also absterbenden) Neutrophilen freigesetzt.
Entstehung der ANCA unbekannt
Es ist nicht bekannt, wie die antineutrophilen zytoplasmatischen Antikörper entstehen. Es wurden eine genetische Prädisposition und molekulare Mimikry vorgeschlagen. So gibt es beispielsweise eine Kreuzreaktivität zwischen einigen Epitopen auf Staphylococcus aureus und PR3. ANCAs können auch als Folge einer gestörten Apoptose oder sogar einer gestörten Clearance von neutrophilen NETs entstehen. ANCA-Titer sind bei Autoimmunerkrankungen, insbesondere bei Vaskulitis, häufig erhöht. Es wird angenommen, dass ANCAs die neutrophile MPO- und PR3-Freisetzung verstärken und so die Entzündung in den Gefäßwänden verschlimmern. NETs werden bei ANCA-assoziierter Vaskulitis der kleinen Gefäße gebildet. Dabei handelt es sich um eine systemische Erkrankung, die eine Entzündung der kleinen Blutgefäße verursacht. Sie wird auch bei einigen bakteriellen Infektionen gefunden. ANCAs werden auch bei vielen Patienten mit entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes und Autoimmunhepatitis gebildet. Antikörper treten bei Hunden mit entzündlichen Darmerkrankungen und chronischen Enteropathien auf, insbesondere bei lymphoplasmazytischer Enteritis. Sie wurden bereits 2 Jahre vor Ausbruch der Krankheit nachgewiesen! Damit sind sie ein gewisses Frühwarnsystem. Die meisten Antikörper-positiven Hunde sind nicht positiv auf antinukleäre Antikörper. Auch stehen die Antikörpertiter nicht im Zusammenhang mit dem Schweregrad der Erkrankung. Fast die Hälfte der betroffenen Hunde mit einer immmun-mediierten hämolytischen Anämie sind positiv für die antineutrophilen zytoplasmatischen Antikörper.
Vektorenbeteiligung?!
Sie kommen auch bei durch Vektoren übertragenen Krankheiten vor, z. B. bei Krankheiten, die durch Rickettsien, Bartonellen, Leishmanien und Ehrlichien verursacht werden. Weiterhin wurden sie mit steriler Pannikulitis, Pyometras, idiopathischer Polyarthritis und Sulfonamid-Hypersensibilität in Verbindung gebracht.
Quelle: Quelle: Tizard IR (2023): Antineutrophil Cytoplasmic Antibodies in: Autoimmune Diseases in Domestic Animals, Elsevier, St. Louis, MI, 142-145