Autoimmunbedingte Schilddrüsenentzündung und Schilddrüsenunterfunktion des Hundes

Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse bei Hunden sind das Ergebnis eines Zusammenspiels von genetischen, umweltbedingten und endogenen Faktoren. Wie beim Menschen werden auch beim Hund Zunahmen der Erkrankung in den letzten Jahrzehnten beobachtet.

Auch Hunde können von einer autoimmunen lymphozytären Thyreoiditis betroffen sein. Dies ist auch die häufigste Ursache der primären Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) bei Hunden.  Für bis zu  zu 80 % der Fälle von Schilddrüsenunterfunktionen bei Hunden ist diese Erkrankung verantwortlich. Dabei weit sie sowohl klinische als auch histologische Ähnlichkeiten mit der Hashimoto-Thyreoiditis beim Menschen auf. Sie entsteht durch die Produktion von Autoantikörpern, die gegen das Schilddrüsenhormon Thyreoglobulin gerichtet sind.

Beim Menschen wird ein Zusammenhang  zwischen der Entwicklung einer Autoimmunthyreoiditis und einer Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori vermutet. Für den Hund gibt es noch keine entsprechenden Untersuchungen.

Prädisposition für eine autoimmunbedingte Schilddrüsenentzündung

Zu den prädisponierten – also für diese Erkrankung besonders anfällige – Rassen gehören Dobermann, Golden Retriever, Barsoi, Riesenschnauzer, Akita Inu  und Irish Setter. Andere betroffene Rassen sind English Setter, English Pointer, Skye Terrier, Deutsch Drahthaar, Old English Sheepdogs, Boxer, Malteser und Kuvasz. Bei weiblichen Hunden ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie antithyreotoxische Antikörper entwickeln, größer als bei männlichen. Bei Mischlingen wird die Krankheit weniger häufig gefunden. Verwandte betroffener Tiere können Antithyreoglobulin-Antikörper haben, obwohl sie klinisch keine Krankheitserscheinungen zeigen. Bei Hunden der oben erwähnten prädisponierten Rassen tritt die Krankheit in der Regel in jungen Jahren auf, während sie bei Hunden von Rassen mit niedrigem Risiko eher bei älteren Tieren  auftritt.

Krankheitsverlauf und Symptome

Der Beginn der Schilddrüsenunterfunktion  und der destruktive Prozess der lymphozytären Thyreoiditis beim Hund verlaufen im Allgemeinen langsam und schleichend. Thyreoglobulin-Autoantikörper entwickeln sich in der Regel lange (Monate bis Jahre) vor dem Auftreten einer klinischen sichtbaren Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose).

Die lymphozytäre Thyreoiditis entwickelt sich in mehreren Phasen:

  •  Im ersten Stadium ist die Infiltration durch Lymphozyten innerhalb der Drüse eher in einzelnen Bereichen, zu diesem Zeitpunkt treten die ersten Autoantikörper auf.
  • Wenn die Zerstörung der Follikelzellen etwa 60 % erreicht, löst der sinkende Schilddrüsenhormon-Spiegel (T4) eine erhöhte Antwort des Schilddrüsen-stimulierenden Hormons (TSH) aus, aber die Krankheit bleibt immer noch ohne klinische Symptome.
  • Erst wenn etwa 75 % des funktionellen Schilddrüsengewebes zerstört sind und die Produktion von Schilddrüsenhormon nicht aufrechterhalten werden kann, treten klinische Anzeichen auf.
  • Wenn schließlich die Schilddrüse verkümmert und durch Fett- und Fasergewebe ersetzt wird, klingt die Entzündung ab, da die Lymphozyten und Antikörper keine Angriffs- Ziele mehr haben.

An einer autoimmun bedingten Schilddrüsenentzündung erkrankte  Hunde entwickeln die klassischen klinischen Anzeichen einer Schilddrüsenunterfunktion. Sie nehmen an Gewicht zu und werden lethargisch und bewegungsunwillig. Sie werden fettleibig. Die geschieht auch bei vermindertem Appetit.  Die Hunde entwickeln einen lückenhaften, symmetrischen, beidseitigen Fellausfall  an den Flanken und am Schwanzansatz. Diese Veränderung geht mit übermäßiger Schuppenbildung, langsamem Haarwuchs und Hyperpigmentierung einher. Das verbleibende Haar ist trocken, stumpf, grob und brüchig. Weitere häufige Hautprobleme sind Myxödeme (Unterhautödeme) und Pyodermie (eitrige Hautentzündung). Weitere Anzeichen sind

  • Myopathie (Muskeldegeneration)
  • Hyperlipidämie (Fettstoffwechselveränderung)
  • Hypothermie (Untertemperatur)
  • Galaktorrhoe (fehlerhafte Milchbildung)
  • Durchfall oder Verstopfung und Polyneuropathie.
  • Betroffene Hunde können auch eine Hypercholesterinämie
  • sowie eine niedriggradige normochrome normozytäre Anämie entwickeln.
  • Unregelmäßige Läufigkeiten oder auch längere Anöstrusperioden
  • Betroffene Tiere werden kälteunverträglich. Hypothyreote Hunde haben ein erhöhtes Risiko, follikuläre Adenokarzinome der Schilddrüse zu entwickeln.

Diagnose und Behandlung

Die beste Möglichkeit der Diagnose einer autoimmunbedingten Schilddrüsenentzündung beim Hund ist es eine Biopsie der Schilddrüse durchzuführen. Aber es besteht eine verständliche Zurückhaltung, bei ansonsten gesunden Hunden diese Untersuchung durchzuführen, um die  Autoimmunthyreoiditis zu bestätigen. Denn dieser Muss ja in Narkose ausgeführt werden. Eine Biopsie kann jedoch die charakteristische Follikelatrophie, lymphozytäre Infiltration und sekundäre Fibrose histologisch bestätigen.

Daher ist es normalerweise üblich durch Blutuntersuchungen  die entsprechenden Hormonwerte in einer Serumprobe zu messen. Bei einem Thyreoiditis-Screening werden normalerweise sieben verschiedene Tests durchgeführt. Dazu gehören Tests für Autoantikörper gegen Thyreoglobulin (TgAA), Trijodthyronin (T3AA), Thyroxin (T4AA), freies und gesamtes Trijodthyronin (FT3 und TT3) sowie freies und gesamtes Thyroxin (FT4 und TT4).

Die Behandlung der betroffenen Hunde umfasst eine Ersatztherapie mit Natrium-Levothyroxin (synthetischem T4). Eine Besserung der Krankheitserscheinungen sollte innerhalb von 4 bis 6 Wochen eintreten. Es gibt keine Heilung für diese Krankheit, und der Erfolg hängt von einer wirksamen Ersatztherapie ab.

Der Einsatz von toleranz-induzierenden dendritischen Zellen vor allem bei noch nicht von einer totalen Zerstörung des Schilddrüsengewebes betroffenen Hunden kann erwogen werden.

Quelle: Tizard IR (2023): Lymphocytic Thyroiditis in: Autoimmune Disease in Domestic Animals, St. Louis MI, 65-68

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