Polyneuritis des Hundes – Canine Polyneuritis

Bei Hunden treten Polyneuropathien auf, die motorische, sensorische oder autonome Nerven betreffen. Für diese Erkrankungen gibt es mehrere mögliche Ursachen. Sie können sekundär sein und als Reaktion auf Toxine oder Infektionserreger auftreten. Zu den möglichen Infektionserregern gehören Toxoplasma gondii und Neospora caninum. Die Polyneuritis kann auch mit anderen Autoimmunkrankheiten wie systemischem Lupus erythematodes (SLE) oder Myasthenia gravis zusammenhängen. Viele Fälle scheinen rassebedingt zu sein. Zahlreiche Tiere zeigen auch eine unbekannte Ätiologie. Hier kann die Ursache in immunvermittelten Primärerkrankungen vermutete werden.

In einer in Australien durchgeführten Studie wurde ein Zusammenhang der Erkrankung an Canine Polyneuritis mit dem Auftreten von Campylobacter im Kot gefunden. Darüber hinaus bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Auftreten dieser Krankheit und dem Verzehr von rohem Hühnerfleisch (96 % der Besitzer von Hunden mit Neuritis gaben an, rohes Hühnerfleisch zu füttern, verglichen mit 26 % der Besitzer von gesunden Hunden). Campylobacter sind normale Mitglieder der Darmmikrobiota von Hühnern und die Hauptursache für Lebensmittelvergiftungen beim Menschen, die durch Geflügel verursacht werden. Sie gelten auch als einer der Hauptauslöser von von polyneuritischen Erkrankungen beim Hund.

Eine charakteristische akute Polyradikuloneuritis kann bei Hunden 7 bis 10 Tage nach einem Kampf mit einem Waschbären auftreten. Die akute canine Polyradikuloneuritis (ACP) oder Coonhound-Paralyse tritt bei Hunden nach einem Biss oder Kratzer durch einen Waschbären auf und wird vermutlich durch einen Faktor bzw. Wirkstoff im Waschbärspeichel verursacht. Die Waschbärhundlähmung betrifft in erster Linie die ventralen Nervenwurzeln. Die Pathologie der dorsalen Wurzeln ist minimal, und die Veränderungen an den dorsalen Wurzeln sind stets milder als an den entsprechenden ventralen Wurzeln. Die betroffenen Nerven der ventralen Wurzeln zeigen eine segmentale Demyelinisierung. Eine akute Polyneuritis, die der Coonhound-Paralyse ähnelt, wurde ebenfalls beschrieben und tritt 1 bis 2 Wochen nach der Impfung von Hunden mit Tollwut oder anderen Impfstoffen auf.

Die Polyneuritis tritt auch in Ländern auf, in denen es keine Waschbären gibt, der Waschbär ist also nicht unbedingt notwendig. Interessanterweise ist die in Europa auftretende Form der Krankheit viel milder als die in Nordamerika und hält nur wenige Wochen an.

Klinisches Bild der caninen Polyneuritis

Die Anzeichen der Coonhound-Lähmung bei Hunden treten meist plötzlich auf. Die Tiere zeigen zunächst Schwäche in den Hintergliedmaßen. Infolgedessen entwickeln sie einen abnormalen Gang und ermüden leicht. Im weiteren Verlauf kommt es zu Inkoordination und Ataxie. Die motorische Beeinträchtigung ist viel schwerer als die sensorische Beeinträchtigung. Sie äußert sich in einer aufsteigenden, symmetrischen schlaffen Lähmung. Die gebissene Gliedmaße ist in der Regel zuerst betroffen, aber die Krankheit ist progressiv und verschlimmert sich 10 bis 12 Tage nach dem Waschbärbiss. Die Tiere können weder stehen noch ihren Kopf heben. In schweren Fällen kann der Hund eine schlaffe Tetraplegie entwickeln und die Fähigkeit verlieren, zu schlucken, zu bellen oder zu atmen. Wenn auch autonome Nerven betroffen sind, kann eine Lähmung des Kehlkopfes oder des Rachens zu einer tödlichen Aspirationspneumonie führen.

Die Hunde zeigen ein waches Bewusstsein und sind fieberfrei. Ein verminderter Muskeltonus ist offensichtlich. Elektromyografische Untersuchungen zeigen Anzeichen einer Denervierung und eine verringerte Leitungsgeschwindigkeit in einigen Nerven. Die Reflexe sind vermindert oder nicht vorhanden. Die motorische Funktion im Dammbereich kann erhalten bleiben, und der Hund kann mit dem Schwanz wedeln. Es ist selten, dass die Kopfmuskeln betroffen sind, aber einige Tiere zeigen ein vermindertes Blinzeln. Wenn das Zwerchfell betroffen ist, müssen die Hunde möglicherweise mechanisch beatmet werden. Wenn auch die sensorischen Nerven betroffen sind, können die Tiere eine Hyperästhesie zeigen. Mit der Zeit kommt es zum Muskelschwund. Die Prognose ist gut, und die meisten Hunde erholen sich innerhalb von 2 bis 3 Monaten, doch können die Behinderungen bis zu 6 Monate lang bestehen bleiben. Die Krankheit ist jedoch selbstlimitierend, und wenn die Atmung nicht eingeschränkt ist, kommt es zur völligen Normalisierung.

Diagnose und Behandlung der caninen Polyneuritis

Anamnese und klinische Anzeichen liefern eine vorläufige Diagnose, die jedoch von Botulismus unterschieden werden muss. Eine Biopsie der betroffenen Nervenwurzeln kann eine lymphozytäre Infiltration zeigen. Die Analyse der Rückenmarksflüssigkeit zeigt Hinweise auf eine Entzündung mit erhöhter Zellzahl und erhöhten Proteinwerten.

Während die Entzündung abklingt und die Nerven zu heilen beginnen, ist eine unterstützende Behandlung erforderlich. Weiche Liegemöglichkeit und gute Ernährung sind erforderlich. Beim Stuhlgang und Urinieren kann Hilfe erforderlich sein.

Quelle: Tizard IR (2023): Canine Polyneuritis in: Autoimmune Diseases in Domestic Animals, Elsevier, St. Louis, MI, 80/81

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